Exhibiton view, Othmar Prenner, 2003
Ausstellungen

OTHMAR PRENNER – IL GIRO DI VITE

24.1.2003—1.3.2003

kuratiert von Sabine Gamper

Die Galerie Museum präsentiert in einer Einzelausstellung mehrere neue Arbeiten des Künstlers in einer eigens für die Ausstellungsräumlichkeiten geschaffenen Installation. Zentrales Thema bei Prenner ist „Die Mühle“, ein Sujet, mit dem sich der Künstler bereits seit einiger Zeit auseinandersetzt. Im ersten Galerieraum befindet sich eine beinahe raumfüllende Installation einer Mühle, in deren Innerem zwei Mühlsteine Weizenkorn zu Mehl mahlen, welches im Laufe der Ausstellungsdauer zu weißen Mehlbergen heranwächst. Der hintere Galerieraum beherbergt eine Videoinstallation, bestehend aus zwei Projektionen, die sich frontal spiegeln. In teilweise stark verlangsamten Zeitrhythmen und beinahe bis zum Abstrakten vergrößerten Aufnahmen wird hier in der Person und Tätigkeit des Müllers noch einmal das Leitthema aufgegriffen. Othmar Prenners Arbeit bietet Anlass zu einer Auseinandersetzung mit einem Thema, das einerseits tief in unserem kollektiven Unterbewussten eine Rolle spielt, und andererseits auch bedeutsam wird in Bezug auf unser alltägliches Leben: Der ewige Strudel des Vergehens und des Werdens im Kreisschwung einer sich ständig drehenden Mühle.

Man stellt sich vor, dass die Mühle, die meistens aus Granitsteinen und Holz hergestellt wurde, heutzutage in einem antiken Museum schaubar ist. Ihre archaische Ästhetik verleiht uns häufig ein nostalgisches Gefühl, das zur Vergangenheit unseres Daseins zurücklaufen lässt . Dies hat lange dazu beigetragen, an die Volkseele zu glauben, die man des öfteren in zahlreichen Liedern, Gesängen, in der Lyrik, in Romanen und Filmen dargestellt hat. Die Atmosphäre, die in den Verdichtungen in Bezug auf die Mühle anklingt, ist z.B. romantisch, melancholisch, froh – tiefsinnig, phantasierend, grübelnd usw. Sie hat also ein Urbild der menschlichen Lebensform verdichtet, die jeder Zeitlichkeit enthoben ist. Sie transformiert etwas Mystisches. Früher wie heute bestimmen Arbeitsvorgänge unseren Alltag. Die Mühle war im Grunde die erste Maschine, die das Leben unzähliger Menschen erleichtert hat. Das Mahlen war ursprünglich eine Tätigkeit, die ausschließlich von Frauen durchgeführt wurde. Und das Betreiben der Mühlen war mit schwerster, körperlicher Arbeit verbunden, so dass man diese Arbeit deswegen mit der knechtischen bzw. sklavischen Arbeit assoziiert, wobei das Leid dem ewigen Strudel des Vergehens und des Werdens, dem Kreisschwung der sich ständig drehenden Mühle ausgeliefert ist. Die Mühle symbolisiert in diesem Assoziationsverhältnis auch einen ewigen Kreislauf, dem die Kontinuität einer Wiederkehr des Immergleichen eingeschrieben ist. Sie steht im übertragenen Sinn nicht still, sondern kreist von Dasein zu Dasein unabänderlich und in „Jeder Tag ein Alltag“ transformiert.

Der Mensch schafft sich im Geiste nicht nur eine innere Welt sondern er schafft eine neue, reale Welt in der Zukunft, in der er einen Sprung von seiner aktuellen Situation hin zu einer besseren Welt machen will. Wir haben heute nicht mehr die Mühle, welche uns die unermessliche Daseinsform des Werdens und Vergehens vor Augen führt, und unserem Alltag einerseits Sinn und andererseits das rechte Maß verleiht. Jeder Einzelne muss sich selber auf die Suche nach sinnstiftenden Momenten begeben. Prenner belässt das Thema der Mühle also nicht auf der Ebene des Mythos. Der ewige Strudel des Vergehens und des Werdens im Kreisschwung einer sich ständig drehenden Mühle bietet Assoziationen in die Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart. In dieser Perspektive über die Mühle möchte der Künstler zeigen, dass die Mühle ein Spiegel unseres reflektierenden Bewusstseins zur menschlichen Lebensform und daraus auch hervorrufende Ästhetik ist.