Invernomuto, I-Ration, installation view 1, 2014 photo Ivo Corrà
Ausstellungen

I-RATION

5.4.2014—31.5.2014

Invernomuto

Eröffnung am 04. April 2014 um 19 Uhr

Kuratiert von Emanuele Guidi

ar/ge kunst Galerie Museum freut sich, die Ausstellung I-Ration von Invernomuto (Simone Bertuzzi und Simone Trabucchi) und damit eine weitere Folge des 2011 begonnenen Projekts Negus zu präsentieren .

Der Titel I-Ration ist ein anglo-jamaikanischer Begriff und bezeichnet sowohl den Akt der „Schöpfung“ als auch das ekstatische Moment dieser Erfahrung.

Mit der Übernahme dieses rastafari-spezifischen Schlüsselbegriffs und der Annäherung und beinahe Erweiterung der Tatsache, dass „das Rastafarianische Volk das Recht beansprucht, sein ,Wesen und seine Existenz‘ außerhalb traditioneller Kategorien zu denken, anzuerkennen, zu nennen, neu zu interpretieren und zu definieren“ , fährt Invernomuto mit der Formulierung seiner eigenen Narration fort, in der Überlagerungen und Verschiebungen von historischen Momenten Äthiopien, Jamaika und Italien in Zusammenhang bringen. Eingebunden in diese Narration ist die Figur des Königs von Äthiopien Haile Selassie I., die Kolonialgeschichte Italiens und Persönlichkeiten wie Lee „Scratch“ Perry (ein einflussreicher Musiker in der Tradition des Reggae und Dub).

Die Ausstellung umfasst eine Reihe neuer Produktionen sowie für diese Gelegenheit neu bearbeiteter Interventionen. Daraus entsteht ein Diskurs, der die verschiedenen Phasen des Projekts Negus einbezieht und auch schon einen Ausblick auf zukünftige Projekte ermöglicht.

Das Interesse für die Erinnerung und für die Prozesse der Übersteigerung findet sich in Zion, Paesaggio (2014): Eine Rekonstruktion eines Denkmals in Form einer Treppe, das das italienische Heer während der faschistischen kolonialen Besatzung in Addis Abeba gegenüber der königlichen Residenz (heute der Sitz der Universität) errichten ließ. Nach der Niederlage der Besatzer „reduzierte“ man die vierzehn Stufen, die die Jahre der Regimeherrschaft repräsentierten, zum Sockel für Äthiopiens wichtigste Symbolfigur: den Löwen von Juda. Invernomuto unterstreicht die Geste der Wiederaneignung, indem es eine Landschaft zeigt, in der die Zeit jene Dimension ist, die die Erinnerung und Wahrnehmung des Exotischen regelt.
MEDO SET (2014) hingegen ist eine Stele, in der jener Text von Lee Perry eingraviert ist, den er für die Performance/das Ritual von Invernomuto in Vernasca (2013) verfasst und performt hat.

Die Absicht, das apotropäische Potential des Rituals mit dem symbolischen Wert des Denkmals zu überblenden, wird durch eine einzige Situation wiedergegeben, in der Dokumente, Dokumentationen und Skultpuren asynchron choreographiert sind (Negus, 2011; I-Ration, 2014; Negus – Lion of Judah (exerpt), 2014).

Invernomuto, „Negus – Lion of Judah (excerpt)“, 2014 from ar/ge Kunst on Vimeo.

Symbole aus dem Bilderfundus der äthiopischen Geschichte, die im sozialen, politischen und religiösen Zusammenhang der Rastafarianischen Bewegung eine neue Lesart gefunden haben, durchqueren alle Werke der Ausstellung und werden mit Gadgets und Materialien aus privaten Archiven kombiniert. Derart finden sich alte Zeitschriftencover des National Geographic, Tücher von Fluggesellschaften und Touristenressorts neben Erinnerungsstücken aus dem italienischen Kolonialkrieg in Äthiopien in den 30er Jahren (in diesen Jahren entstand auch die Rastafari Glaubensbewegung), dem dreizackigen Stern (Symbol von Haile Selassie wie auch das Ikon der Automarke Mercedes Benz) und einer Skulptur des Löwen von Juda (die Symbolfigur der Äthiopier und entsprechend auch des Rastafarianischen Volkes). Dieses gemeinsame semantische Feld erstreckt sich und strahlt auch in den öffentlichen Raum, insbesondere aufgrund einzelner Ikonographien, die die Kolonialpolitik des Faschismus hochhalten und die bis heute das Stadtbild von Bozen prägen.

Invernomuto scheinen sich die Einschätzung von Carole Yawney, dass der „Rastafarianismus ein Zusammenspiel ambivalenter Symbole [sei] und über das Potential [verfüge], bestimmte sozio-kulturelle Spannungen im globalen Kontext nicht nur deutlich zu machen, sondern sie geradezu zu beeinflussen“ zu eigen gemacht und eine mögliche Sichtweise daraus bezogen zu haben: Darstellungsweisen zu experimentieren, um der kolonialen Rhetorik entgegenzutreten und sie innerhalb eines komplexen Rahmens von Bewegungen, die zeitlich und geografisch nur scheinbar weit entfernte Räume durchqueren, anzusiedeln.

SAVE THE DATE
Im Rahmen der von Frida Carazzato kuratierten Werkreihe Il corpo sottile zur Medialen Fassade im Museion, wird das Projekt Invernomuto, in Zusammenarbeit mit ar/ge kunst, im September im Museion fortgesetzt (ab 4. September)

Biografie
Invernomuto wurde 2003 von Simone Bertuzzi und Simone Trabucchi gegründet. Das spezielle Interesse von Invernomuto für das Aufeinanderprallen und die Vermengung unterschiedlicher Ausdrucksweisen schlägt sich in ungewöhnlichen Produktionen wie das verlegerische Projekt ffwd_mg nieder. Ihr Arbeitsgebiet reicht von Videoproduktionen über live-media Performances bis zur Betreuung von Veranstaltungen und eigenen Aktionen. Zu ihren aktuellen Einzelausstellungen zählen: B.O.B. (Galleria Patricia Armocida, Mailand, 2010), Dungeons and Dregs (Grimmuseum, Berlin, 2010) und Simone (Padiglione d’Arte Contemporanea, Ferrara, 2011), Marsélleria (Mailand, Oktober, 2014). Teilnahmen bei Gruppenausstellungen und Festivals, derzeit bei: Ars artists’ residence show (Fondazione Pomodoro, Mailand, 2010); Terre Vulnerabili (Hangar Bicocca, Mailand 2010/2011); Nettie Horn Gallery (London), Italian Institute of Addis Ababa, Milan Film Festival (2013). 2013 waren sie unter den Finalisten des Preises Furla (Bologna) und Sieger des Preises MERU ART*SCIENCE für The celestial Path, das bei GAMeC in Bergamo präsentiert wurde.
Simone Bertuzzi und Simone Trabucchi sind auch als Musiker tätig mit den jeweils eigenen Projekten Palm Wine und Dracula Lewis. Sie leben und arbeiten in Mailand.

www.invernomuto.info

In Zusammenarbeit mit:
MUSEION

Ein besonderer Dank geht an:
Marsèll

Mit freundlicher Unterstützung von:
Autonome Provinz Bozen, Südtirol, Deutsche Kultur
Stadt Bozen, Amt für Kultur
Stiftung Südtiroler Sparkasse

Öffnungszeiten der Galerie:
Di-Fr 10 – 13, 15 – 19 / Sa 10 – 13 / Freier Eintritt